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Gesund bis zur Pension?

Die Arbeitszufriedenheit der Burgenländer:innen hat sich laut Arbeitsklima-Index 2023 auf niedrigem Niveau eingependelt. Das hohe Stresslevel und steigende psychische und physische Belastungen in Branchen wie Pflege und Gesundheit sind jedoch geblieben und lassen 39 Prozent der Arbeitnehmer:innen daran zweifeln, gesund in Pension gehen zu können. „Wir wollen dafür sorgen, dass die Menschen gesund in die verdiente Pension gehen können. Dazu müssen wir weiterhin Maßnahmen setzen, um die Arbeitsbelastungen zurückzudrängen! Das gesetzliche Pensionsalter weiter erhöhen zu wollen, ist jedenfalls der falsche Weg“, stellt AK-Präsident Gerhard Michalitsch klar.
Nach dem historischen Tiefstand im Vorjahr geht es mit dem Arbeitsklima im Burgenland wieder leicht bergauf. Dennoch setzen Teuerung, Arbeitskräftebedarf und das hohe Arbeitspensum die Beschäftigten weiter unter Druck. So kommt es, dass der Arbeitsklima-Index für das Burgenland zwar um drei Punkte auf 101 Indexpunkte gestiegen ist, dieser aber damit nur auf dem Niveau von 2009 liegt. „Die Arbeitszufriedenheit der burgenländischen Beschäftigten ist nach wie vor getrübt, die Belastungen in der Arbeitswelt bleiben auf sehr hohem Niveau. Die Arbeitswelt leidet unter ´Long Covid´ und hat sich von den Veränderungen seit der Pandemie noch nicht erholt“, erklärt Dr. Reinhard Raml, Geschäftsführer des IFES-Institut.

Obwohl die Pandemie ausgestanden ist, sind die Werte psychischer Belastungen und der körperliche Stress nach wie vor auf einem wesentlich höheren Niveau als vor der Pandemie.

Gesund bis zur Pension oder bloß durchhalten?
Vier von 10 Burgenländer:innen halten es für unwahrscheinlich, ihren Beruf bis zur Pension ausüben zu können. Bei Beschäftigten mit schlechter Bezahlung und starkem Zeitdruck liegen die Werte noch höher. Die Gründe sind vielfältig:

- 64 Prozent nennen dafür körperliche Faktoren wie Krankheit, Verletzungen oder Schmerzen.
- Für 62 Prozent sind die Gründe, teilweise ergänzend, psychische Belastungen wie Stress, Isolation oder Burnout
- Rund ein Viertel der Befragten konnte Ruhezeiten nicht einhalten oder Pausen waren nicht möglich
- 61 Prozent geben an, trotz akuter Erkrankung arbeiten zu gehen. Raml dazu: „Neue Möglichkeiten wie Home Office bieten Vorteile und Flexibilität. Es führt aber auch dazu, dass immer mehr Menschen trotz Krankheit arbeiten und sich nicht die Zeit für ihre Genesung nehmen. Hintergrund in den Betrieben ist häufig, dass die Personaldecke dünn ist und die Arbeit sonst liegen bliebe oder andere Kollegen dadurch belastet würden“.

Pflege und Gesundheitsbereich besonders betroffen
Der Arbeitsklima-Index 2023 zeigt auch, dass manche Branchen von diesen Belastungen stärker betroffen sind als andere. Das Durchhalten bis zur Pension ist im Gesundheitswesen besonders schwierig. Dort glauben sogar 42 Prozent, ihren derzeitigen Beruf nicht bis zur Pension ausüben zu können.

Aus der Pflege-Praxis
Eine, die bestätigen kann, dass das Berufsbild der Pflege sowohl körperlich als auch psychisch belastend ist, ist die diplomierte Gesundheit- und Krankenpflegerin (DGKP) Sonja Treiber. Die 45-jährige dreifache Mutter ist im Pflegekompetenzzentrum des Samariterbundes in Weppersdorf beschäftigt. Die frühere Pflegeassistentin, die von 2019 bis 2021 im zweiten Bildungsweg über das Fachkräftestipendium eine verkürzte Ausbildung zur DGKP absolvierte ist seit 2022 Wohnbereichsleiterin.

Den Beruf hat sie gewählt, weil es viele schöne Momente, gibt, die Kraft geben und das Herz berühren. Aber auch, weil er wohnortnahe und durch die Elternteilzeit auch gut mit Familie vereinbar ist. Im Bereich Vereinbarkeit wird beim Samariterbund auch immer weiter verbessert. Auch die Fort- und Weiterbildung ist jederzeit möglich und wird gefördert. Laut Kollektivvertrag gibt es eine 37-Stunden-Woche, was viele anregt, Vollzeit zu arbeiten. „Hinzu kommen dann aber oft zusätzliche Dienste durch etwa Krankenstände von Kolleg:innen. Damit die Qualität und Pflege und Betreuung der Bewohner:innen nicht leidet, sind 48-Stunden-Wochen daher oft keine Seltenheit“, gibt Sonja Treiber zu bedenken. 

Sie würde sich wünschen, dass generationsübergreifendes soziales Lernen bereits sehr früh am Lehrplan steht, um das Interesse an der Pflege zu wecken. Außerdem wäre bereits in der Kindheit der Kontakt mit „gesunden, alten Menschen“ prägend und wichtig. Rund 80 Prozent der Beschäftigten in der Pflege sind Frauen. „Mit dem Boysday werden bereits erste Initiativen gesetzt, um mehr Männer in den Beruf zu bringen, was enorm wichtig wäre“, fasst Treiber zusammen.

AK-Forderungen
Neben mehr Optimismus und einer besseren Bezahlung braucht es für die AK folgende Maßnahmen: 

- Mehr betriebliche Gesundheitsförderung. Dafür braucht es mehr Personal beim Arbeitsinspektorat, auch Arbeitspsychologinnen und Arbeitspsychologen zur Bekämpfung der psychischen Belastungen!
- Alternsgerechtes Arbeiten. Es müssen branchentaugliche, langfristige Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit am Arbeitsplatz getroffen, umgesetzt und streng kontrolliert werden!
- Hitzefrei ab 30 Grad für alle, die draußen arbeiten. 
- Bessere Arbeitsbedingungen für besonders belastete Branchen. 
- Praxisnaher Zugang zur Schwerarbeitspension in der Pflege.

„Das Land Burgenland hat bereits viele Maßnahmen wie etwa eine bessere Bezahlung mit dem Mindestlohn. Aber auch die Bundesregierung ist gefordert, gute Rahmenbedingungen zu schaffen: Es braucht mehr Geld zur Entwicklung lebenshasengerechter Arbeitszeitmodelle, für Ausgleichszeiten für Arbeitsbereiche mit besonders hoher Belastung – aber auch für noch mehr Arbeitsbehelfe, um die Kolleginnen und Kollegen körperlich zu entlasten“, so AK-Präsident Michalitsch abschließend.

Zum Arbeitsklima-Index 2023 
Die Datenbasis 2023 bilden insgesamt 451 burgenländische Befragte (unselbständige Beschäftigte und Arbeitslose). Die Interviews wurden sowohl persönlich als auch online geführt.

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